Die "Galle", was ist gemeint?
Die Bezeichnung „Galle“ in Bezug auf den Bewegungsapparat hat nichts mit der Galle des Verdauungssystems zu tun, sondern benennt eine Verdickung an Gelenken (Gelenkentzündung = Arthritis), Sehnenscheiden (Sehnenscheidenentzündung = Tendovaginitis) oder Schleimbeuteln (Schleimbeutelentzündung = Bursitis). Eine Galle fühlt sich wie eine gallertartige, halbsteife Beule an, die sich nicht im Unterhautgewebe verschieben lässt, sondern am Bindegewebe festsitzt.
Es handelt sich dabei um eine Flüssigkeitsansammlung, die mit der Zeit verhärtet und sich bindegewebig umwandeln kann.
Besonders häufig kommen Gallen im Bereich des Sprunggelenks, der Kniescheibe oder des Fesselgelenks vor. Seltener ist die Genickbeule, bei der es zu einer Anschwellung des Schleimbeutels am Nackenband und dem 1. Halswirbel (Atlas) kommt.
Je nach Lage haben die Gallen unterschiedliche Bezeichnungen
Am Ellenbogenhöcker gibt es die Stollbeule oder auch Liegebeule: hier ist der Schleimbeute des Ellenbogenhöckers geschwollen.
Im Bereich des Karpalgelenks bzw. des Vorderfußwurzelgelenks ist es der sogenannte Knieschwamm, der die dortige Anschwellung des Schleimbeutels meint.
Am Sprunggelenk ist es die Kreuzgalle, die Sprunggelenksbeule oder auch der Wasserspat, der eine Anschwellung des Sprunggelenks bezeichnet.
Eine Anschwellung seitlich am Sprunggelenk wird Kurbengalle genannt, während eine Schwellung seitlich neben dem Fersenbeinhöcker Eiergalle bezeichnet wird. Eine Beule direkt am Fersenbein nennt man Piephacke.
Gallen müssen nicht immer Probleme machen und sind oft nur ein kosmetisches Übel. Dann werden sie als Windgallen bezeichnet und zeigen nur eine übermäßige, aber überstandene Überbeanspruchung des jeweiligen Gewebes an.
Dennoch gibt es Gallen, die beim Pferd Schmerzen und Lahmheiten verursachen können und unbedingt behandelt werden müssen. Hierzu sollte man verstehen, was genau bei einer Galle passiert:
Wie entsteht eine Galle?
Im Bereich des Gelenks, der Sehnenscheide oder des Schleimbeutels kommt es aufgrund unterschiedlicher Ursachen zu einer Entzündung mit einer oder mehreren Entzündungszeichen:
· Überwärmung
· Ödem = Flüssigkeitsansammlung
· Schmerz
· Bewegungseinschränkung
· Fieber
All diese Entzündungsreaktionen dienen dem Körper, mit einem örtlichen Problem bestmöglich umzugehen und es schnellstens beheben zu können. So gewährleistet zum Beispiel der Schmerz, dass das Gebiet geschont wird, damit körpereigene Stoffe sich an die Arbeit machen können, das Gewebe wieder zu reparieren. Das Gleiche gilt für die Bildung eines Ödems. Mithilfe von vermehrter Flüssigkeitsmenge können nun Stoffwechselprodukte angelagert und ausgetauscht werden, um die Heilung schnell in Gang zu bringen. Bei einer Gelenkgalle handelt es sich meist um eine Flüssigkeitsvermehrung von Synovialflüssigkeit, die umgangssprachlich mit Gelenksschmiere gleichzusetzen ist und der Gleitfilm der Gelenkflächen gemeint ist. Eine Entzündung in diesem Bereich ist besonders schmerzhaft, da das Ödem Druck auf das Gelenk ausübt. Das lässt das Pferd oftmals lahmen. Überwärmung und Fieber gewährleistet dem Körper, dass das Immunsystem gegen Fremdkörper vorgehen und sie eliminieren kann.
Die Entzündungsreaktionen sind zunächst also erst mal eine gute Sache. Wenn der Körper denn ungestört arbeiten könnte ….
Häufig kann die geschädigte Struktur nicht schnell genug repariert werden und die Stoffwechselprodukte und die Flüssigkeit abgebaut werden.
Was ist zu tun?
Wie die Galle behandelt wird, hängt immer von der Örtlichkeit und der Symptomatik der Galle ab. Um sicherzugehen, sollte auch eine schmerzlose Galle von einem Tierarzt begutachtet werden.
Bei der Behandlung einer Galle gilt als Erstes die Kernursache zu finden und abzustellen. Ein zu eng sitzendes Halfter oder eine Box mit unzureichender Einstreu ist schnell zu beheben.
Ist die Galle entzündlich aktiv, das heißt, das Pferd zeigt Lahmheit oder Schmerzen bei Berührung und ist das Gebiet überwärmt und stark geschwollen, sollte schnell behandelt werden. Mit Kühlpads oder Angussverband kann gekühlt werden. Gegen die Schwellung und Entzündung helfen Umschläge mit essigsaurer Tonerde oder Auftragen von Heilerde. Alternativ können Salbenverbände zum Beispiel mit Weihrauchcreme (link) oder DMSO (link) aufgetragen werden. Gegen die Schwellung hilft oftmals Lymphdrainage und Kompressionsstrümpfe.
Ist die Galle kalt und fühlt sich hart an, kann auch mit Wärmeverbänden und leichter Massage gearbeitet werden.
Dass das Pferd geschont und nicht überlastet wird, versteht sich von selbst.
Natürlich können Therapien mit Blutegel, Akupunktur, Homöopathie oder Bioresonanz über den Tierheilpraktiker eine adäquate Behandlungsstrategie sein.
Auch Behandlung mit einer Magnetfelddecke kann nützlich sein.
In manchen Fällen wird ein entzündungshemmendes Medikament über den Tierarzt verabreicht, in sehr seltenen Fällen, zum Beispiel bei einem chronischen Fesselringbandsyndrom oder einem Chip muss sogar operiert werden. Gallen zu punktieren, wird heutzutage nicht mehr empfohlen, da zwar das Sekret schnell abfließt, sich aber auch schnell wieder neu bildet. In der Regel kann man sagen, dass, je schneller die Galle behandelt wird, desto besser sind die Heilungsaussichten.
Eine Zufütterung von verschiedenen Stoffen kann den Heilungsprozess einer Galle unterstützen. Folgende Zusätze haben sich bewährt:
Brennnessel:
Brennnesselwurzel und -kraut regen den Stoffwechsel an und wirken entzündungshemmend.
Tägliche Verzehrempfehlung Großpferd (500 kg Körpermasse):
30 – 50 g pro Tag über 4 Wochen
Schwarzkümmel:
Schwarzkümmelsamen hemmen Entzündungen und regen die Ausscheidung an. Außerdem enthalten sie viele Vitamine und Spurenelemente. Sie können als Samen, als Öl oder als Presskuchen verfüttert werden.
Tägliche Verzehrempfehlung Großpferd (500 kg Körpermasse):
Samen: 40 – 50 g pro Tag, Öl: 15 – 20 ml pro Tag
Weihrauch:
Die innerliche Anwendung von Weihrauchpulver kann eine mögliche Unterstützung bei starken entzündlichen Gallen sein. Weihrauch ist entzündungshemmend und schmerzstillend. Es blockiert für eine Entzündung spezifische Botenstoffe und bringt diese Enzyme nachweislich dazu, dass sie entzündungsauflösende Botenstoffe produzieren.
Tägliche Verzehrempfehlung Großpferd (500 kg Körpermasse):
Anfänglich 10 – 15 g, bei guter Akzeptanz kann die Dosis pro Tag auf 25 g erhöht werden. Nicht länger als 3 Wochen füttern.
Weidenrinde:
Die in der Weidenrinde enthaltene Salicin, das in abgewandelter Form in der Humanmedizin als Wirkstoff von Aspirin bekannt ist und Schmerzen lindern und Entzündungen reduzieren kann. Es ist ein bewährtes Mittel als Futterzusatz unter anderem bei Hufrehe.
Tägliche Verzehrempfehlung Großpferd (500 kg Körpermasse):
Täglich 30 – 50 g, kann zur besseren Akzeptanz eingeweicht werden.
Vorbeugung und Gesunderhaltung:
Um Gallen vorzubeugen ist es wichtig, dass das Pferd von klein auf genügend Bewegung hat, um einen starken Band- und Sehnenapparat aufzubauen. Eine gute und regelmäßige Hufpflege über einen Hufschmied oder qualifizierten Hufbearbeiter sind Voraussetzung für ein gutes Gangbild und Korrigieren von Fehlstellungen.
Weiche Einstreu in einer großen, verletzungssicheren Box, Training auf adäquaten Böden sowie täglicher Koppelgang mit genügend großem Auslauf gehört ebenso vorbeugend dazu wie auch die Fütterung von gutem Mineralfutter. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass die Herdenzusammensetzung dem Pferd genügend Freiraum bietet und sich zurückziehen kann, wenn es rangniedrig ist und nicht ständigen Attacken von Artgenossen ausgesetzt ist.
Im Training ist auf erste Anzeichen auf eine Galle zu achten. Dazu gehört es auch, das Trainingszubehör wie Gamaschen oder Zaumzeug auf den korrekten Sitz zu überprüfen.
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