Equine Shivering - Muskelzittern bei Pferden
- Anne Ramming
- 16. März
- 4 Min. Lesezeit
Equine Shivering ist eine neurologische Bewegungsstörung, die vor allem bei größeren Pferden und bestimmten Rassen wie Warmblütern, Vollblütern oder Kaltblütern vorkommt. Obwohl die Krankheit bereits seit Jahrhunderten bekannt ist, sind die genauen Ursachen noch nicht vollständig geklärt. In diesem Artikel erfährst du, was Shivering genau ist, wie es sich auf das Pferd auswirkt und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt – sowohl aus schulmedizinischer als auch aus naturheilkundlicher Sicht.
Was ist Shivering?
Shivering, auch als "Shivering Syndrome" oder "Zitterkrankheit" bekannt, ist eine neurologische Bewegungsstörung, die sich durch unwillkürliche Muskelzuckungen und Koordinationsprobleme äußert. Besonders betroffen sind die Hinterhand und die Schweifmuskulatur. Das Krankheitsbild tritt oft schubweise auf und kann im Verlauf zunehmen.

Steckbrief Equine Shivering - Muskelzittern bei Pferden
Symptome: auffälliges Muskelzucken häufig an der Hinterhand, Leistungsschwäche
Vorkommen: kann jedes Pferd betreffen, tritt jedoch häufiger bei großen und schweren Pferden ab ca. 170 cm Stockmaß auf
Alter: zeigt sich meist im Alter von vier bis sieben Jahren oder nach traumatischen Unfällen in späterem Alter
Geschlecht: Wallache und Hengste öfter als Stuten
Differentialdiagnose: kann mit Hahnentritt verwechselt werden, auch muss ein Verdacht auf Knie- und Kniebandverletzungen und Kissing Spines abgeklärt werden
Verlauf: schubweise und persistierend (schreitet fort und heilt nicht aus)
Diagnose: über Tierarzt ohne standardisiertes Diagnsoseverfahren, in der Klinik kann ein Elektromyogramm (EMG) Aufschluss geben
Prognose: nicht heilbar, jedoch kann das Pferd damit in der Regel gut damit zurechtkommen
Ansteckungsgefahr: nicht ansteckend
Ist die Krankheit vererbbar: nicht bekannt, daher nicht auszuschließen
Pathophysiologie – Wie entsteht Shivering?
Obwohl die genaue Ursache von Shivering nicht abschließend geklärt ist, gibt es einige Theorien zur Entstehung:
Neurologische Störungen: Man vermutet eine Fehlfunktion im zentralen Nervensystem, insbesondere in den motorischen Arealen des Gehirns, die für die Koordination der Bewegungen verantwortlich sind.
Genetische Veranlagung: Bestimmte Pferderassen wie Warmblüter oder Shire Horses zeigen eine häufigere Anfälligkeit, was auf eine genetische Komponente hinweisen könnte.
Muskelstoffwechselstörungen: Ein Zusammenhang mit Erkrankungen wie der Polysaccharid-Speicher-Myopathie (PSSM) wird diskutiert. Hierbei handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung, die zu Muskelschwäche und Krämpfen führen kann.
Toxine und Umweltfaktoren: Vergiftungen oder Nährstoffmängel könnten neurologische Störungen auslösen.
Symptome von Shivering
Die Krankheit ist progressiv, das heißt, sie verschlechtert sich mit der Zeit. Typische Anzeichen sind:
Unkontrollierbares Muskelzittern, insbesondere an den Hinterbeinen und am Schweif
Probleme beim Rückwärtsrichten oder plötzliche Erstarrung
Unkoordinierte Bewegungen, insbesondere beim Heben der Hinterbeine (z. B. beim Hufeauskratzen) oder ein plötzliches, schnelles Anheben der Hinterhand und Verharren in dieser Position (Abgrenzung zum Hahnentritt -> hier setzt das Pferd das ruckartig angezogene Bein auch wieder ruckartig ab)
Steifheit und Muskelschwäche
Angespannte oder verkrampfte Muskulatur
Muskelschwund an den betroffenen Muskeln
Die Symptome können in Stresssituationen oder bei kälterem Wetter verstärkt auftreten.
Schulmedizinische Behandlung
Da die genaue Ursache nicht bekannt ist, gibt es keine spezifische schulmedizinische Heilung für Shivering. Dennoch gibt es einige Möglichkeiten, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen oder die Symptome zu lindern:
Medikamentöse Therapie: In einigen Fällen können Muskelrelaxantien oder entzündungshemmende Medikamente (z.B. NSAIDs) helfen.
Physiotherapie und gezieltes Training: Muskelaufbau und gezielte Koordinationsübungen können die Symptome lindern.
Angepasste Haltung und Fütterung: Stressreduzierung, angepasste Bewegung und eine ausgewogene Fütterung können helfen, die Progression der Erkrankung zu verlangsamen. Vor allem eine Zufütterung von Vitamin B, E, Magnesium und Mangan sollte nicht fehlen. Bei Shivering-Pferden empfiehlt es sich deshalb, eine ausführliche Futterberatung erstellen zu lassen, um Mängel an Vitaminen, Spurenelementen und Mineralien vorzubeugen.
Management und Tierwohl: Shivering-Pferde sollten stressfrei gehalten werden, da Stress die Symptome verschlimmern kann. Ein weicher Untergrund und eine bedarfsgerechte Unterbringung sind ebenfalls hilfreich. Die Box bzw. das Paddock sollte groß sein, damit das Pferd nicht zu Rückwärtstreten und engen Wendungen gezwungen ist.
Bewegung: ausreichende Bewegung ist äußerst wichtig, langes Stehen und wenig Bewegung wirken sich negativ auf den Verlauf aus. Bodenarbeit, Koordinationstraining in Maßen und gezielte Gelassenheitsübungen helfen in der Regel, den Muskeltonus zu erhalten. Die Muskulatur gilt es zu erhalten!
Hufpflege: regelmäßige Hufpflege ist unabdingbar. Hier kann eine Entlastung der Hinterhand erzielt werden. Barhuf oder Hufschuhe sind einem Eisenbeschlag vorzuziehen.
Naturheilkundliche Behandlungsmöglichkeiten
Ergänzend zur Schulmedizin gibt es verschiedene naturheilkundliche Ansätze, um die Lebensqualität eines betroffenen Pferdes zu verbessern:
Phytotherapie (Kräuterheilkunde)
Magnesiumreiche Kräuter wie Brennnessel oder Thymian können helfen, Muskelkrämpfe zu reduzieren.
Durchblutungsfördernde Kräuter wie Ginkgo oder Weißdorn unterstützen die Nervenversorgung.
Homöopathie
Zincum metallicum kann helfen, unkontrollierte Muskelbewegungen zu reduzieren.
Cuprum metallicum wird häufig zur Unterstützung des Nervensystems eingesetzt.
Akupunktur und Akupressur
Durch gezielte Stimulation von Energiepunkten kann die Muskelentspannung gefördert und das Nervensystem stabilisiert werden.
Manuelle Therapie (Osteopathie, Physiotherapie)
Regelmäßige Behandlungen durch einen erfahrenen Therapeuten können Verspannungen lösen und die Beweglichkeit verbessern.
Massagen sind sehr hilfreich (auch über Massage- oder Magnetfelddecken)
Ernährungsoptimierung
Eine Fütterung, die arm an Zucker und stärkehaltigen Futtermitteln ist, kann helfen, Stoffwechselprobleme zu reduzieren.
Hochwertige Omega-3-Fettsäuren (z. B. aus Leinöl) wirken entzündungshemmend und unterstützen das Nervensystem.
Fazit
Shivering ist eine komplexe Erkrankung, deren Ursachen noch nicht vollständig verstanden sind. Eine Heilung ist derzeit nicht möglich, aber durch eine Kombination aus schulmedizinischer Behandlung, gezieltem Training, Stressmanagement und naturheilkundlichen Ansätzen kann die Lebensqualität betroffener Pferde verbessert werden. Pferdehalter sollten auf eine individuelle Betreuung setzen und ihr Pferd ganzheitlich unterstützen, um die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.
Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keine tierärztliche Diagnose oder Behandlung. Bei Verdacht auf Shivering sollte immer ein erfahrener Tierarzt hinzugezogen werden.
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