Es ist wieder so weit: Die Tage werden länger, die Temperaturen steigen, der Fellwechsel geht los und die Pferde werden lustig auf der Koppel. Sollten sie zumindest sein. Aber Fellwechsel bedeutet auch für den Organismus Stress. Wie du den Stoffwechsel deines Pferdes unterstützen kannst, zeige ich dir in diesem Artikel:
So erleichterst Du Deinem Pferd den Fellwechsel
Zunächst einmal zur Frage:
Ab welchem Zeitpunkt geht der Frühjahrs-Fellwechsel normalerweise los? Und wie lange darf er dauern?
Jedes Pferd ist individuell unterschiedlich und die Frage kann so nicht allgemeingültig erklärt werden. Generell kann gesagt werden, dass der Fellstoffwechsel– vom Pferdebesitzer unbemerkt - genaugenommen schon im Dezember nach der Wintersonnenwende am 21.12. oder 22.12. eines jeden Jahres beginnt. Das ist der Tag, an dem die Sonne den tiefsten Stand des Jahres zur Mittagszeit hat und demnach der kürzeste Tag bezogen auf die Helligkeit im Jahr ist. Dann haben wir nur etwas über 8 Stunden Tageslicht zur Verfügung. Nach der Wintersonnenwende werden die Tage wieder länger hell bis zur Sommersonnenwende, die jährlich zwischen dem 20. und 22. Juni stattfindet.
Der Biorhythmus eines jeden Lebewesens wird von der Länge des Tageslichts beeinflusst. Es kommt zu Veränderungen in der Hormonausschüttung. Für den Fellwechsel beim Pferd spielt hier das Hormon Melatonin eine wichtige Rolle, das in der Epiphyse, der sogenannten Zirbeldrüse gebildet und ausgeschüttet wird. Zunächst einmal ist Melatonin für den Schlaf-Wach-Rhythmus zuständig und sein Gegenspieler ist das Hormon Cortisol. Daneben hat Melatonin die Aufgabe, die Fortpflanzung anzuregen, ist für die Bildung des Wachstumshormons Somatotropin zuständig. Das ist ein Antioxidans, also ein Radikalfänger und spielt eine wichtige Rolle im Fellstoffwechsels. Je nach Lichtmenge am Tag verändert sich der Melatonin-Spiegel im Blut des Pferdes. Die Melatoninmenge nimmt ab, wenn die Lichtmenge am Tag zunimmt, im Umkehrschluss wird es in Dunkelheit vermehrt gebildet.
Melatonin ist auch in einigen Nahrungsmitteln zu finden, vor allem in Mais, Weizen, Hafer, Gerste und Reis sowie einigen Pilzen.
Wissenswert ist auch, dass für die Melatoninbildung Tryptophan (eine Aminosäure) und Serotonin, ein Neurotransmitter - auch bekannt als Glückshormon - wichtig ist. Tryptophan ist essenziell, das heißt, es muss über die Nahrung zugeführt werden.
Wann ein Pferd mit dem Fellwechsel beginnt, ist aber noch von weiteren Faktoren abhängig:
Das Alter und der Gesundheitszustand des Pferdes spielt eine weitere Rolle beim Fellwechsel. Ältere Pferde ab ca. 20 Jahren und Fohlen und Jungpferde bis etwa 5 Jahre beginnen meist etwas später mit dem Fellwechsel im Frühjahr und im Herbst dafür etwas früher. Gerade diese Gruppe von Pferden haben einen anderen Stoffwechsel und benötigen größtenteils einen längeren Schutz durch ihr Fell. Meistens beginnt erst der Fellwechsel, wenn die Temperaturen auch in der Nacht konstant in den Plusgraden liegen.
Muss ich mein Pferd scheren?
Ob ein Pferd geschoren werden muss, kommt immer auf den Einzelfall darauf an. Ich bin persönlich kein Freund vom Scheren, auch nicht vom Teilscheren, da das Scheren die natürliche Thermoregulation durcheinanderbringt. Jedoch kann es hilfreich sein bei älteren Pferden, bei denen der Fellwechsel verlangsamt ist oder bei solchen, die unter einer Krankheit leiden, z.B. Cushing-Syndrom. Je nach Zustand des Pferdes kann das Scheren von Fell dem Pferd bei hohen Temperaturen im Frühling Erleichterung bringen und vermehrtes Schwitzen reduzieren. Jedoch sollte darauf geachtet werden, dass geschorene Pferde vor allem nachts zu viel Kälte ausgesetzt sind.
Wärmedecken fürs Pferd - ist das ein Problem?
Das Auflegen von Decken hat einen großen Einfluss auf den Fellwechsel. Wenn ein Pferd über den Winter mit Pferdedecken eingedeckt wurde, ist es in jedem Fall ratsam, den Fellwechsel von selbst vonstattengehen zu lassen.
Wie lange darf der Fellwechsel dauern?
Ebenso ist die Frage, wie lange ein Fellwechsel dauern darf, nicht generell nicht zu beantworten, auch hier gilt: Jedes Pferd ist individuell unterschiedlich und auch da gibt es kein richtig oder falsch. Und nicht jedes Pferd, das einen verspäteten oder länger andauernden Fellwechsel hat, ist gleich ein Cushing-Patient. Hier bitte auch noch andere Symptome und Parameter berücksichtigen. In der Regel dauert der Fellwechsel zwischen wenigen Wochen und bis zu drei Monaten.
Fellwechsel anregen durch den Stoffwechsel
Den Stoffwechsel anregen kann man am allereinfachsten, indem man das Pferd körperlich bewegt, es also aus seinem Winterschlaf holt. Dabei muss das Pferd keine Höchstleistung vollbringen und vollkommen durchgeschwitzt sein, sondern langsam wieder antrainiert wird. Ein Pferd, das auch konstant über den Winter zum Beispiel in der Halle trainiert wurde, braucht natürlich kein Frühjahrs-Aufbautraining.
Was geschieht beim Fellwechsel?
Das Winterfell besteht aus einer Unterwolle und dem Deckhaar. Das Deckhaar ist vor allem dazu da, Wasser abzuhalten, während das Unterhaar der Wärmeerhaltung dient. In der Regel verliert das Pferd beim Fellwechsel als Erstes die Unterwolle und anschließend das Deckhaar. Eine tägliche Fellpflege durch Bürsten ist bei Fellwechsel besonders wichtig und wird von den meisten Pferden dankbar angenommen, da das lästige Haarkleid oftmals juckt. Hier kann gleich überprüft werden, ob sich unliebsame Bewohner in das Fell eingenistet haben.
Für den Aufbau von Keratin, einem wichtigen Struktureiweiß, das den Zellen Form und Stabilität verleiht und in Haaren, Huf und Haut zu finden ist, braucht der Körper vor allem schwefelhaltige Aminosäuren und Zink.
Zink wird für die Bildung von neuen Zellen benötigt, beispielsweise bei der Wundheilung, aber auch bei der Neubildung von Fell und Huf. Da der Körper es nicht selbst bilden kann, muss es zugefüttert werden.
In der Regel sollte die tägliche Dosis an Zink etwa 500 mg Zink bei 500 kg Körpergewicht betragen.
Ein hochwertiges Mineralfutter ist für den Fellwechsel überaus sinnvoll.
Kräuter für den Stoffwechsel
Allerdings ist es damit noch nicht getan. Um den Stoffwechsel bestmöglich anzuregen, sollten auch die Organe, die für den Aufbau, Abbau und Abtransport von Zellen zuständig sind, unterstützt werden. Das wichtigste Organ hierfür ist die Leber. Hier kann man mit einer Kräuterkur leicht ansetzen.
Mariendistel
Die bekannteste Pflanze für die Leber ist wohl die Mariendistel. Sie wirkt entzündungshemmend, antioxidativ und immunstimulierend.
Für eine Leberkur sind die Samen die entscheidenden Pflanzenteile, denn sie haben eine leberzellschützende Wirkung. Der für die Leber wichtige Wirkstoff der Samen heißt Silibinin und liegt in unterschiedlichen Formen in den Samen vor.
Übrigens gibt es keine aussagekräftigen Belege für die Heilkraft der Mariendistelblätter. In der Naturheilkunde werden sie bei Menschen als Tee bei Verdauungsbeschwerden wie Blähungen oder Völlegefühl angewandt.
Also: die Samen sind die wichtigen Teile der Pflanze, die die Leber unterstützen:
· sie schützen die Zellen der Leber
· wirken regenerierend
· regen die Verdauung an
· sind cholesterinsenkend
· sind antimykotisch (gegen Pilze)
· und helfen, Lebergifte zu neutralisieren
Da der Flavonoidkomplex Silymarin, zu dem auch das Silibinin gehört, sehr schnell aus dem Körper ausgeschieden wird, ist es ratsam, Mariendistelsamen über einen längeren Zeitraum als Kur (etwa 4 – 6 Wochen) zu füttern.
Wer möchte, kann die Samen vor der Fütterung mahlen, mit heißem Wasser übergießen und etwa 10 – 15 Minuten ziehen lassen, so können die Samen noch leichter verdaut werden.
Die Dosierung für Mariendistelsamen liegt bei 30 – 50 g pro Tag für ein 500 kg schweres Pferd.
Es kann vorkommen, dass manche Pferde die Samen verweigern, da sie einen recht bitteren Geschmack haben. Alternativ kann man dann zu einer homöopathischen Variante greifen. Hier empfehle ich Carduus marianus in der D3. Hier liegt die Dosierung bei einem 500 - 600 kg schweren Pferd bei etwa 20 – 35 Globuli pro Tag (etwa 5 Globuli auf 100 kg Körpermasse). Die Globuli gibt es im 10 g Glas zu kaufen.
Interessant in Bezug auf Silymarin ist zu wissen, dass es als einziger Wirkstoff das Gift des Knollenblätterpilzes neutralisiert. Dieses Gift verhindert in der Leberzelle den Aufbau von Proteinen, Membranrezeptoren und Hormonen sowie den Abbau von alten Zellen. Dadurch kommt es zu einem Stillstand des Stoffwechsels.
Artischocke, die zweite wichtige Leberpflanze
Bei einer Leber-Stoffwechselkur darf die Artischocke nicht fehlen.
Verwendet werden die Artischockenblätter, die den Gallefluss verbessern, die Verdauung anregen und die Fettverdauung optimieren. Außerdem haben sie nachweislich eine cholesterinsenkende Wirkung. Die Wirkstoffe hemmen nämlich die Cholesterinneubildung in den Leberzellen und fördern gleichzeitig die Cholesterinausscheidung. Die Entgiftungswirkung der Artischocke ist außerdem durch Studien an Ratten belegt. *1
Die Dosierung liegt bei 15 – 20 g getrocknete Artischockenblätter pro Tag für ein 500 kg schweres Pferd.
Öl fürs Pferd – eine sinnvolle Ergänzung
Die Frühjahrskur für die Leber kann mit einem hochwertigen Öl ergänzt werden. Hier eignen sich Leinsamen- oder Hanföl.
Das Leinöl hat den Vorteil von fast 60% hochwertigen Omega-3-Fettsäuren. Die Wirkung dieser Fettsäuren sind unter anderem nachweislich eine Senkung von Blutfetten (Cholesterin und Triglyzeriden) und des Blutzuckerspiegels und eine Linderung bestehender Entzündungen im Körper. Außerdem dienen sie als Nährstoffquelle der Haarfollikel.
Eine Alternative zum Leinöl ist das Hanföl.
Die tägliche Menge an Leinöl beträgt 10 ml pro 100 kg Körpergewicht pro Tag.
Mit diesen drei Zutaten, nämlich Mariendistelsamen, Artischockenblättern und einem hochwertigen Öl hast du schon das wichtigste für die Leber und damit den Stoffwechsel für einen guten Fellwechsel getan.
Achte bitte auf die Fütterung eines hochwertigen Mineralfutters, damit dein Pferd auch ausreichend alle Vitamine, Mineralien und Spurenelemente in der Zeit des Fellwechsels bekommt.
Nierentätigkeit im Frühjahr verbessern
Neben der Leber ist die Niere ein weiteres wichtiges Stoffwechselorgan, das bei einer Frühjahrskur unterstützt werden sollte. Die Niere ist nicht nur für die Ausscheidung von Giftstoffen zuständig, sondern sie entscheidet auch, welche Stoffe den Körper verlassen und welche noch verwendet werden können. Je besser die Niere funktioniert, desto besser wird der Körper mit allen wichtigen, mit der Nahrung aufgenommenen, Mineralien und Spurenelementen versorgt.
Kräuter für die Niere
Löwenzahn
Der Löwenzahn ist ein absoluter Alleskönner. Denn er unterstützt die Niere, indem er Wasser aus dem Körper ausschwemmt, sondern auch gleichzeitig den Körper mit wichtigen Mineralstoffen versorgt. Und nicht nur die Nierentätigkeit wird verbessert, sondern auch die Leber. Dadurch, dass der Löwenzahn die Produktion der Gallenflüssigkeit in der Leber anregt, wird der Fettstoffwechsel verbessert. Außerdem kann durch den vermehrten Gallefluss die Verdauung verbessert werden.
Für eine Frühjahrskur werden getrocknete Teile des Löwenzahnkrauts und der Löwenzahnwurzel verwendet.
Die Dosierung für Löwenzahnkraut mit Löwenzahnwurzel gemischt liegt bei 10 – 25 g pro Tag für ein 500 kg schweres Pferd.
Birke, der Klassiker unter den Nierenkräutern
Birkenblätter enthalten vor allem Bitterstoffe, Flavonoide, Gerbstoffe und Mineralien wie Kalium, Kalzium und Vitamin C. Gerade die Flavonoide sind gesundheitsförderlich, denn es werden ihnen antimikrobielle, antivirale, anitoxidative, antiallergische, entkrampfende, entzündungshemmende und entwässernde Wirkung zugesprochen.
Damit erklärt sich auch, dass Pferde in der Regel frische Birkenblätter lieben. Den höchsten Gehalt an Flavonoiden besitzen übrigens die Moorbirkenblätter.
Für die Frühjahrskur können getrocknete Birkenblätter in das Futter gemischt werden. Pferde akzeptieren sie in der Regel sehr gut.
Die Dosierung liegt für getrocknete Birkenblätter liegt bei 10 – 25 g pro Tag für ein 500 kg schweres Pferd.
Zusammenfassung:
Um den Fellwechsel des Pferdes im Frühjahr zu unterstützen, ist neben einem hochwertigem Mineralfutter eine Kräuter-Frühjahrskur mit leber- und nierenstärkenden Kräutern empfehlenswert.
Die Kräuter könne einzeln gekauft werden oder als fertige Mischung bei vielen Händlern bestellt werden.
Die Rezeptur für eine Frühjahrskur könnte so aussehen:
Mariendistelsamen 30 g
Artischockenblätter 15 g
Löwenzahnkraut und -wurzel 20 g
Birkenblätter 15 g
Zusätzlich 50 ml Leinöl füttern.
Die Angaben beziehen sich auf ein Pferd mit einem Gewicht von 500 kg und einer täglichen Fütterung.
Sollte es dennoch Schwierigkeiten mit dem Fellwechsel geben, gib oft einmal ein Blutbild Aufschluss, ob der Organismus ein Problem hat. So können Immunparameter und der biochemische Status Aufschluss über einen Mangel oder ein schlechtes Immunsystem geben oder ein erhöhter ACTH-Spiegel auf ein mögliches Cushing-Syndrom hinweisen.
Quellenangabe Studie:
*1: Artichoke Leaf Extract-Mediated Neuroprotection against Effects of Aflatoxin in Male Rats
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